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Visual Monitoring im Marketing

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Facial Recognition System concept.

DIE SPRACHE DER BILDER VERSTEHEN UND ANALYSIEREN

Es heißt „ein Bild sagt mehr als tausend Worte“ und das ist wahr. Und genau aus diesem Grund dürfte „Visual Monitoring“, also die Generierung von Erkenntnissen für das Marketing aus der Bilderkennung durch KI, in naher Zukunft erheblich an Bedeutung gewinnen. Denn die Sozialen Medien bieten einen riesigen Daten-Pool, der darauf wartet, analysiert zu werden.

Über alle Epochen der Entwicklung schriftlicher Kommunikation hinweg hat sich Bildsprache zu einer zentralen Form der Weitergabe von Wissen etabliert. Während die Glyphen oder Wandmalereien unserer Vorfahren räumlich begrenzt verfügbar waren, kann im Zeitalter der Digitalisierung mit Big Data und Social Media auf ein riesiges Arsenal an UGC (User-Generated- Content) praktisch von überall aus zugegriffen werden. Grundsätzlich ist dabei erst einmal egal, wer wo welchen Inhalt veröffentlicht. Jedes dieser Bilder, sei es mit oder ohne textlichem Bezug zu einer Marke, Person oder einem Thema, spricht seine eigene Sprache, erzählt seine eigene Geschichte oder gibt wertvolle Einblicke zu demografischen oder psychografischen Merkmalen.

DIE DATENBESCHAFFUNG

Der Grundpfeiler des Visual Monitorings ist die Datenbeschaffung. Die Quellen zur Erhebung variieren dabei je nach Art und Verwendungszweck. Als „El Dorado“ für Marketer und Sozialforscher sind sicherlich die Sozialen Medien zu nennen. Täglich werden auf Facebook, Instagram, Twitter und Co. riesige Bild-Datenmengen von Usern produziert, geteilt und geliked. Jedoch: Masse bringt noch keine Klasse. Entscheidend ist dabei, die Daten aus dem großen Teich zu fischen, die Erkenntnisse zu Themen, Trends, Vorlieben, Produkten, Zielgruppen oder Zielmessungen, eben zu genau der Fragestellung liefern, die es zu beantworten gilt.

Um relevante Bilddaten zu finden, kommen Crawler zum Einsatz, die an die APIs sozialer Plattformen und anderer Webseiten andocken, um dort Daten zu sammeln. Oft sind diese Suchalgorithmen an eine Applikation (Web-Tool, SaaS, Stand-Alone Software) gekoppelt, welche zahlreiche Features zum Filtern, Sortieren und Bearbeiten der gesammelten Daten bietet. Tools wie Google Cloud Vision, Amazon Rekognition oder Talkwalker stellen eine sehr gute Alternative dar, wenn der Aufwand zur Programmierung eigener Crawler und Applikationen oder die Datenspeicherung unternehmensinterne Ressourcen übersteigt.

DIE BILDERKENNUNG

Ein weiterer wichtiger Faktor beim Visual Monitoring ist die Bilderkennung. Diese kann automatisiert oder manuell erfolgen. Eine manuelle Erkennung ist durch hohe Kosten und Zeitaufwand geprägt und aus eben solchen Gründen nicht empfehlenswert. Exponentiell steigende Rechenleistung und immer besser werdende Algorithmen machen die automatisierte Bilderkennung zum zukunftsweisenden Lösungsansatz auf vielen Anwendungsgebieten. Die aufkommende künstliche Intelligenz bietet mit ihren „Deep Learning“-Ansätzen entscheidende Vorteile: sie erkennt bei minimalem Zeitaufwand (abhängig von Rechenleistung und Code) Relevanzen, Muster oder Korrelationen aus riesigen Datensätzen, wird dabei nicht müde, ist lernfähig und verbessert ihre Qualität mit jedem Trainings-Datensatz und Update.

Allerdings können technische oder juristische Hürden den Einsatz eines vollautomatisierten, KI-gestützten Tools einschränken oder gar verhindern. Zu den Hürden zählen beispielsweise:

  •  ein eingeschränkter Zugriff auf Schnittstellen relevanter Quellen
  • rechtliche Einschränkungen, wie Bildrechte, Datenschutzrecht oder AGB der Plattformbetreiber
  • Ressourcen-abhängige Hürden, wie fehlende Rechenleistung oder Schwächen im Lern-Algorithmus.

Bereits heute erkennen lernende Algorithmen Menschen, Gesichter, Emotionen, Tiere, Szenen, Landschaften, Sehenswürdigkeiten, Gebrauchsgegenstände, Markenlogos, Handschriften und vieles mehr. Ein interessanter Ansatz aus der Medizin, der als Vorzeigebeispiel für den Einsatz der Bilderkennung dienen soll, ist die maschinelle Erkennung von Karzinomen auf Patientenbildern, die Ärzte bei der Diagnose unterstützen soll. Auch der Staat und seine Überwachungsorgane setzen verstärkt auf Bilderkennung. Zum Beispiel kann eine Software zur Erkennung von Nummernschildern im mobilen Einsatz praktisch in Echtzeit ein Kennzeichen erfassen und per Datenbank-Abgleich abfragen, ob das KFZ in Verbindung mit einer Straftat (z.B. Diebstahl, Verkehrsflucht etc.) steht. Sehr umstritten und kontrovers diskutiert ist die Gesichtserkennung anhand von Kamera-Aufnahmen an Bahnhöfen, Flughäfen und öffentlichen Plätzen, bei der potenzielle Straftäter mittels Erkennungs-Software identifiziert werden können.

DAS VISUAL MONITORING – ÜBERWACHEN, ANALYSIEREN UND ERKENNTNISSE GEWINNEN

Visual Monitoring kommt bereits auf vielen Forschungsgebieten und in unterschiedlichen Wirtschaftsbranchen zum Einsatz. Ein gut trainiertes künstliches neuronales Netz kann über die Bilderkennung hinaus bei der Gewinnung wertvoller Insights unterstützen. Ist ein qualifizierter Bilddatensatz vorselektiert, können mithilfe des KI-gestützten Tools z.B. Korrelationen, Bezüge oder Muster zu Personen, Emotionen, Objekten oder Szenen erkannt und ausgewertet werden. Trotz der rasanten Entwicklung selbstlernender Algorithmen sind solche Tools aktuell noch als Add-on zum menschlichen Analysten zu verstehen, welcher tieferführende psychographische Erkenntnisse wie Lebensstile, Einstellungen oder Vorlieben aus den vorselektierten Bilddaten interpretieren kann. In den folgenden Abschnitten stellen wir einige der zahlreichen Einsatzmöglichkeiten des Visual Monitorings in der Praxis vor.

MARKEN- UND REPUTATIONSSCHUTZ

Marken- und Reputationsschutz ist eine wichtige Aufgabe innerhalb einer Organisation bzw. eines Unternehmens. Krisen, Shitstorms, Markenrechts-Verletzungen oder Personen-Beleidigungen sind nur einige der potenziellen Gefahren, die das Web 2.0 mit sich bringt. Manchmal wird eine mögliche Bedrohung erst sehr spät erkannt, denn ein rein textlich basiertes Monitoring umfasst in der Regel Suchabfragen, die auf Keywords, Phrasen, Autoren, Kanäle oder Hashtags abzielen. In den sozialen Netzwerken finden sich oftmals Beiträge, deren Komplexität die Kompetenz von Algorithmen überschreitet. Dies sind z.B. Beiträge, deren Bildinhalt die eigentliche Gefahr darstellt und der textliche Bezug gänzlich fehlt. Oder es ist eine Kombination aus Text und Bild, die die Bedrohung erst zu solch einer werden lässt. Diese Beiträge werden unter Umständen von einem reinen text-basierten Monitoring nicht erfasst.

Praxisbeispiel:

Der folgende kritische Instagram-Beitrag zeigt in einer Fotomontage das Nutella Markenlogo. Die damit verbundene Botschaft stellt ein potentielles Reputations-Risiko für das Markenimage dar. Zwar kann der Algorithmus eine potenzielle Marken-Image-Gefährdung aus dem Bildkontext heraus noch nicht als solche interpretieren, aber aufgrund der Logo-Erkennung kann dieser Beitrag trotz Fotomontage und fehlendem Textbezug durch das Visual Monitoring aufgefangen und durch einen menschlichen Analysten bewertet werden. Da der textliche Bezug zur Marke fehlt, würde ein solcher Beitrag im herkömmlichen, textbasierten Monitoring untergehen. Neben der Schädigung der Reputation stellt der Beitrag höchstwahrscheinlich eine Verletzung von Bild- und Marken-Rechten dar.

Quelle: Instagram

INFLUENCER-MARKETING UND SPONSORING

Aktuell umstritten, aber nach wie vor ein beliebtes Instrument um Produkte oder Marken via Social Media bekannter und beliebter zu machen, ist das Influencer Marketing. Das Visual Monitoring kann dabei helfen, passende Markenbotschafter oder Influencer zu finden und bezahlte Partnerschaften zu begleiten und das Ergebnis einer solchen Zusammenarbeit zu analysieren. Im Bereich des Sponsorings kann das Visual Monitoring ebenfalls unterstützende Dienste leisten, z.B. wenn es darum geht, den ROI einer Sponsoring-Aktion durch Indikatoren, die im Social Web gewonnen werden, zu messen.

Praxisbeispiel:

Bandenwerbung im Stadion erreicht zunächst einmal die Zuschauer, die einen Event live vor Ort oder per Übertragung verfolgen. Darüber hinaus kann die Reichweite der Bandenwerbung durch Bildaufnahmen, die z.B. in sozialen Medien geteilt werden, deutlich vergrößert werden. Ob ein Selfie für die eigene Pinnwand oder professionelle Bildaufnahme für einen Online-Artikel – wird ein Markenlogo auf einer Bandenwerbung, wenn auch nur im Hintergrund der Bildszene, erfasst, erzielt es dennoch eine gewisse Reichweite und Wirkung auf der Plattform, auf der es geteilt wird. Mit der Bilderkennung werden auch solche Bilddaten für das Monitoring greifbar, in denen z.B. das Markenlogo lediglich Nebenschauplatz einer Szene ist und nach wie vor der textliche Bezug fehlt. Im folgenden Beispiel wird eine Sponsoring-Aktion der Bitburger Braugruppe im Szenenhintergrund eines Beitrags zu einer Motorsport-Veranstaltung dargestellt.

Quelle: Instagram

VORLIEBEN UND INTERESSEN DER ZIELGRUPPE KENNEN LERNEN

Zu wissen was Kunden und Interessenten mögen oder was sie bewegt sind nur zwei der zahlreichen, komplexen Fragestellungen bei denen das Visual Monitoring hilfreiche Antworten liefern kann. Eine Königsdisziplin im Marketing ist das Erkennen von Bezügen und Mustern beim Konsumverhalten. An welchen Orten wird bevorzugt konsumiert? Tauchen Komplementärprodukte auf? In welchem zeitlichen oder gesellschaftlichen Rahmen kommt ein Produkt oder eine Dienstleistung zum Einsatz? Zur Insights-Gewinnung werden aus dem vorsegmentierten Bilddatensatz Subjekte, Objekte, Landschaften oder Bildszenen auf Muster oder Korrelationen hin analysiert. Welche Objekte und Szenen tauchen häufig in Verbindung mit einem Produkt auf? Wird das Getränk oft am Strand, im Restaurant oder im heimischen Garten konsumiert? Erweitert man die gewonnenen Erkenntnisse um zusätzliche Variablen (z.B. demografische Daten), so lassen sich daraus z.B. Maßnahmen für eine verbesserte Zielgruppen-Ansprache entwickeln.

TRENDERKENNUNG UND PRODUKTENTWICKLUNG

Trendsetting ist nicht ausschließlich kreativen Köpfen in Agenturen, Innovations-Laboren oder Produktentwicklungs-Hallen vorbehalten. Das Web 2.0 hat jedem User eine Stimme und damit die Möglichkeit gegeben, selbst Trends zu setzen oder über solche mitzubestimmen. Erkenntnisse, die sich aus dem qualifizierten Bilddatensatz herleiten lassen, können zum Beispiel gehypte Produkte, gefragte Farbkombinationen, beliebte Orte oder leckere Mixgetränke hervorbringen. Kann aus einer User-Kreation vielleicht das Trend-Getränk des nächsten Sommers entwickelt werden? Oder sollte man die neuste Kollektion auf das bei der Community so beliebte „Zitronengelb“ hin abstimmen? Ein Hype ist noch kein Trend und so manches Mal ist er schnell wieder in Vergessenheit geraten. Und dennoch lohnt es sich, diesen Hypes nachzugehen, Trends der Vergangenheit zu analysieren, um daraus zu lernen oder kreative User-Ideen in die Produktentwicklung und Problemlösung einfließen zu lassen.

Egal welches Thema, Ziel oder welche Fragestellung eine Organisation, Person des öffentlichen Lebens oder ein Unternehmen gerade beschäftigt – das durch Visual Monitoring gewonnene Potenzial sollte niemand ungenutzt lassen. Wir werden im CURE-Blog in den nächsten Wochen mehr zur konkreten Umsetzung vorstellen.

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